In diesem Gesetz wird der Erziehungsgedanke erstmals vor den Straf- oder Sühnegedanken gestellt. Als strafmündig werden Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren angesehen und als Höchststrafe werden zehn Jahre Gefängnis (aber kein Zuchthaus) festgeschrieben. In den namentlich aufgeführten Erziehungsmaßregeln fehlt jedoch der viel diskutierte Arrest vollkommen.
Ab 1933
Unter den Nationalsozialisten wurde das Jugend(straf)recht immer weiter verändert. Dabei stand natürlich eine sehr ausgeprägte Ideologie im Vordergrund, deren Ziele keineswegs in der Erziehung der Jugendlichen zu selbstbewussten und selbstverantwortlichen Mitgliedern einer offenen Gesellschaft bestanden.
04.10.1940 Verordnung zur Ergänzung des Jugendstrafrechts (JugendarrestVO)
Der Jugendarrest wurde mit dieser Verordnung (rückwirkend auch auf Straftaten, die seit dem 01.01.1940 begangen wurden!) eingeführt. Ganze sechs Paragraphen waren erforderlich, die neue Sanktionsart einzuführen.
Die Arrestdauer wurde auf eine Woche bis zu einem Monat, der Wochenendkarzer auf ein bis zu vier Wochenende(n) festgelegt. Die Vollstreckung erfolgte unter der Aufsicht des Jugendrichters. Die hastige Einführung des Arrestes führte dazu, dass in einer Flut von Verordnungen und Erlassen weitere Regelungen (nach der Einführung bis zum Jahresende 1943 insgesamt 37 Änderungen) nachgeschoben werden mussten. In Allgemeinverfügungen und ab 1942 in den so genannten „Richter briefen“, wurde Einfluss auf die richtige Anwendung im Sinne der „nationalsozialistischen Weltanschauung“ genommen.
Die Verurteilungen zu Jugendarrest nahmen nach seiner Einführung im Reichsgebiet dramatisch zu: 1940 wurden 391 Arreste (davon 123 Wochenendarreste) verhängt, 1941 bereits 24.292 (davon 9.249 Wochenendarreste), 1942 37.721 (12.155 Wochenendarreste) und im ersten Halbjahr 1943 schon 21.471. Bereits im 1. Quartal des Jahres 1941 lauteten 52% aller Jugendgerichtsurteile auf Jugendarrest, im Laufe des Jahres stieg der Anteil auf 70 – 80% an.
01.11.1940 Jugendarrestordnung
Diese wurde zusätzlich erlassen, um die Vollzugsgestaltung genauer zu regeln und zu beeinflussen. Im Dauerarrest wurden der erste und der letzte Tag, zusätzlich während der ersten beiden Wochen auch jeder vierte Tag als „strenge Tage“, der „Wochenendkarzer“ durchgängig wie die strengen Tage vollzogen.
An diesen „strengen Tagen“ gab es nur vereinfachte Kost (Wasser und Brot) und ein hartes Lager (keine Matratze). Erwähnung fanden auch die ärztlichen Untersuchungen beim Zugang und vor der Entlassung.
Eine Verordnung vom 06.11.1940 erläutert die gewünschte Anwendung des Jugendarrestes auf Verfehlungen, „die bisher mit Geldstrafe, Haft oder Gefängnis bis zu drei Monaten gesühnt wurden“. „Staatsanwalt und Richter können dabei davon ausgehen, dass der Vollzug so gestaltet wird, dass ein Monat Jugendarrest an Empfindlichkeit hinter drei Monaten Jugendgefängnis jedenfalls nicht zurücksteht“.
20.12.1940 „Zur Handhabung des Jugendarrestes“
Gut zehn Wochen nach Einführung des Jugendarrestes sieht sich der Staatssekretär im Reichsjustizministerium, Dr. jur. Roland Freisler, genötigt, in einem längeren Aufsatz die Vorzüge des Arrestes gegenüber der bisherigen Art, Jugendliche zu bestrafen, hervorzuheben. In der Personalunion von erkennendem Richter, Vollstreckungs- und Vollzugsleiter erkennt er eine ganz besondere Möglichkeit, den Jugendarrest erzieherisch wirksam werden zu lassen.
11.04.1943 Richtlinien für den Vollzug des Jugendarrests
Die bisher gültige Jugendarrestordnung wird durch diese Richtlinien ersetzt. Umfassend wird ein Bild vom Vollzugsleiter gezeichnet, der als strenge aber gerechte „Vaterfigur“, seine im Kern gutartigen, aber eben doch fehl getretenen Kinder mit Güte und großer Strenge erzieht.
06.11.1943 Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung des Jugendstrafrechts (Jugendstrafrechtsverordnung) mit Reichsjugendgerichtsgesetz (RJGG)
Der Jugendarrest wurde in dieses Gesetz neben den Erziehungsmaßregeln und der Strafe als zusätzliche Komponente „Zuchtmittel“ integriert. Dabei wurde allerdings die Rangfolge aus dem Jugendgerichtsgesetz von 1923 umgekehrt: an erster Stelle stand nun die Strafe, danach kamen die Zuchtmittel und erst an letzter Stelle die Erziehungsmaßregeln. Der bisherige „Wochenendkarzer“ wurde in „Freizeitarrest“ umbenannt und zusätzlich der „Kurzarrest“ eingeführt. Kurzarrest bis zu 3 Tagen und Freizeitarrest konnten gleichzeitig verhängt werden. Neu war auch der „Ungehorsamkeitsarrest“, der bei schuldhafter Nichterfüllung von Pflichten und Weisungen ohne weitere Gerichtsverhandlung angeordnet werden konnte.
20.12.1943 Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO)
Sie ersetzt die „Richtlinien für den Vollzug des Jugendarrests“ vom 11.04.43 und präzisiert die Vorschriften des Reichsjugendgerichtsgesetzes. Die Vorschriften über den gemeinsamen Arrestvollzug an Mädchen und Jungen wurden etwas gelockert, gleichzeitig wurde bestimmt, dass in Jugendarrestanstalten auch Untersuchungshaft an Jugendlichen, die keine Jugendstrafe zu erwarten haben, vollzogen werden kann.
15.01.1944 Richtlinien zum Reichsjugendgerichtsgesetz
Mit diesen Richtlinien wird die Geltung des Jugendgerichtsgesetzes (bisher: „für Deutsche“) eindeutig von der rassischen Abstammung abhängig gemacht.
15.05.1944 Jugendarrestgeschäftsordnung (JAGO)
Eine Ergänzung zum Reichsjugendgerichtsgesetz, in der vor allem die wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Abläufe und Vorschriften zusammengefasst wurden.
10.05.1945 Richteranweisung Nr.1 der Militärregierung Deutschland
Für Verfahren in Jugendgerichtssachen wurde verfügt, dass z.B. Bestimmungen, die Jugendliche wegen ihrer Rasse, Staatsangehörigkeit Religion oder aus anderen Gründen unterschiedlich behandeln, nicht mehr angewendet werden dürfen.
23.05.1952 Jugendgerichtsgesetz der DDR
Nachdem bereits 1949 vereinzelt „Werkhöfe“ für Jugendliche eingerichtet wurden und unbelastete „Volksrichter“ eingesetzt worden waren, folgte ein in Anlehnung an das Jugendgerichtsgesetz von 1923 erstelltes Gesetz, das den Erziehungsgedanken wieder in den Vordergrund stellte. Die Zuchtmittel – und damit der Arrest – wurden ersatzlos gestrichen und der Einzelrichter abgeschafft.
04.08.1940 Jugendgerichtsgesetz der BRD
Dieses Gesetz war ein „bereinigtes“ und überarbeitetes Reichsjugendgerichtsgesetz. Wichtige Änderungen waren die Wiederherstellung des Primats der Erziehung, die begrenzte Einbeziehung der Heranwachsenden in das Jugendstrafrecht und die Einführung der Bewährungshilfe bei der Aussetzung des Strafvollzuges. Der Jugendarrest blieb erhalten, obwohl er – insbesondere wegen seiner Sanktions- und Vollzugspraxis – umstritten war.
15.02.1955 Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz
Diese Richtlinien wenden sich nach dem Text des Vorwortes an die Jugendstaatsanwälte und -richter, denen Hilfestellungen und Hinweise gegeben werden sollen.
12.08.1966 Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO) und Richtlinien zur Jugendarrestvollzugsordnung (RiJAVollzO) vom 01.09.1966
Diese überarbeitete Fassung war kein „großer Wurf“ im Sinne einer Weiterentwicklung des Jugendarrestes, denn noch immer stand Besinnung und Abschreckung im Vordergrund, der Erziehungsgedanke bestenfalls an zweiter Stelle.
25.06.1969 1. Gesetz zur Reform des Strafrechts
Auf die Vollstreckung von Jugendarrest kann jetzt unter bestimmten Voraussetzungen völlig verzichtet werden. Im Bundeszentralregistergesetz wurde ein besonderes Erziehungsregister geschaffen, in das die Verhängung von Erziehungsmaßnahmen oder Zuchtmitteln eingetragen wird.
02.03.1974 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
Die Dauer des Ungehorsamkeitsarrestes wurde der des normalen Arrests gleichgestellt. Auf die Vollstreckung kann verzichtet werden, wenn der Jugendliche, auch nach der Verhängung von Arrest, der Weisung nachgekommen ist. Die Regelungen über die „strengen Tage“, die „vereinfachte Kost“ und das „harte Lager“ wurden ersatzlos gestrichen.
30.11.1976 Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO) und Richtlinien zur Jugendarrestvollzugsordnung (RiJAVollzO) vom 01.07.1977
Die Formulierungen in diesen Regelungen sind – wenn sie konkret formuliert sind – noch aus alten Fassungen, oder – wenn es sich um Kann- oder Soll-Vorschriften handelt – der Versuch, progressiven Bundesländern und Vollzugsleitern die Möglichkeit zu geben, eine zeitgemäßere Arrestgestaltung umzusetzen.
20.06.1984 Jugendarrestgeschäftsordnung (JAGO)
Dieses Regelwerk ersetzte die Jugendarrestgeschäftsordnung vom 15.05.1944. Sie regelt die internen Verwaltungsabläufe einer Arrestanstalt, 1987 wurde sie nochmals verändert.
Nach dieser Gesetzesänderung muss der Richter von der Vollstreckung des Jugendarrestes absehen, wenn der Jugendliche die Weisung nach Verhängung des Arrestes befolgt oder seine Auflagen erfüllt. Vor der Verhängung eines Ungehorsamkeitsarrestes muss der Jugendliche jetzt gehört werden. Die Anzahl der Freizeitarreste wurde von bisher vier auf zwei reduziert.